Wir sahen nicht gut aus an diesem Tag. Arti hatte für 170 Dollar falsch geparkt, und ich hatte elf Stunden Flug hinter mir, nur um ins Kino zu gehen. Paramount Pictures präsentierte den dritten Teil von „Indiana Jones", mit anschließendem Barbecue, irgendwo links oben in Hollywood. Der Pressechef hatte ein paar schlechte Minuten, als er uns empfing.
„Wie geht es Ihnen?" fragte er.
„Wollen Sie eine kalifornische oder eine deutsche Antwort?“
Er entschied sich für die deutsche, und ich sagte ihm, dass TWA eine genauso beschissene Fluglinie ist wie die Syrian Arab Airlines, und dass ich deshalb todmüde, kreuzlahm und elend hungrig sei.
Ich verheimlichte ihm auch nicht, dass das Barbecue nach der Filmvorführung kein Trost für mich war, weil ich Vegetarierer bin, und dann wollte ich noch was über das miserable Wetter loswerden, über die verstopften Highways, den elenden Smog, den permanenten Nichtraucherterror und darüber, dass man diese Gegend lieber den Ureinwohnern gelassen hätte.
Aber ich kam nicht mehr dazu. Der Film begann, und mein Ärger verschwand.
„Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" ist besser als Aspirin. Er ist auch besser als Opium und besser als Wodka, und möglicherweise ist er sogar besser als eine glückliche Liebesbeziehung. Dieser Film ist das Beste, was Spielberg bisher gemacht hat. Sein Masterpiece.
Allein die Szene, in der Indiana Jones ins Wasser muss. Ins Meer, vor der Küste Spaniens.
Den ganzen „Weißen Hai" hat Spielberg in diese eineinhalb Minuten gepackt. Das Substrat. Meeriger kann ein Meer nicht sein. Oder diese irre Motorradverfolgungsjagd durch einen Wald in Österreich. Und dann der Sonnenuntergang am Ende des Films. Dieser Sonnenuntergang ist pure Blasphemie: Spielberg schlägt Gott.
Das Wichtigste an „Indiana Jones und dem letzten Kreuzzug“: Sean Connery ist mit von der Partie. Er spielt den Vater von Indiana Jones. Wenn das keine geniale Besetzung ist, dann verstehe ich nichts von Genialität und nichts von Filmbesetzungen. Dann bin ich nur ein dumpfer, plumper Connery-Fan, der ihm jeden Film aus der Hand frißt, seit es James Bond gibt.
Connery ist Bond, und Bond ist tatsächlich der Vater von Indiana Jones. Der letzte in der Kette cineastischer Vorbilder, aus denen Spielberg seinen peitschenknallenden Archäologen strickte, der fürs Museum töten darf.
Indiana hat viel von James. Den Zynismus, die Reiselust, die Angewohnheit, nicht über Frauen zu reden. Die beiden sind ein perfektes Paar, und dass dieses Paar auch noch zum Brüllen komisch ist, haben wir Connerys Angewohnheit zu verdanken, sich exzessiv in jedes Drehbuch einzumischen.
Spielberg hatte Indianas Vater ursprünglich als weise, gütige Figur konzipiert. Connery machte daraus einen hochintelligenten, aber völlig vertrottelten Egozentriker, der von seinem Sohn ständig aus der Scheiße herausgehauen werden muss und ihn zum Dank dafür penetrant Junior nennt. Und Junior wird zum Tier, wenn er das hört.
Action. Ein Schloß in Österreich. Indiana Jones, sein Vater und eine Horde von Nazis, Der Alte trägt Schlapphut und Tweed, Indiana trägt eine heißbegehrte Schatzkarte, die Nazis tragen MPs. Es sieht nach furchtbarem Ärger aus.
„Was machen wir jetzt, Junior?" fragt Connery, und die nächsten zwei Minuten gehen in Toben, Schreien, Brüllen und Maschinengewehrfeuer unter. Dann ist es still. Die Nazis sind tot, das Schloß ist eine Ruine, und halb Österreich ist weggeblasen. Indiana Jones hält die rauchende MP. „Nenn' mich nie wieder Junior!“
Allein das ist genial. Dazu kommt das Powerplay der Realität. Der Juniorkomplex bei den Dreharbeiten. So wie James Bond die Vorlage für Indiana Jones gewesen ist, so war Sean Connery einst das Vorbild für Harrison Ford.
Ford hatte mit der Schauspielerei begonnen, als Connery der Größte war: In den 60er Jahren auf dem Höhepunkt des Bondfiebers. Inzwischen ist Ford genauso groß. Das wollte er beweisen, und er bewies es auf seine Art: Harrison Ford ist dafür bekannt, dass er seine Kollegen bei Dreharbeiten durch hemmungsloses Improvisieren verunsichert, um sie an die Wand zu spielen. Connery wiederum ist dafür bekannt, dass er Schotte ist und bei so was überhaupt erst aufwacht.
Darum wurde „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ nicht nur das übliche Spielberg-Märchen mit Spezialeffekten und diamantgeschliffenen Bildern, die so schnell laufen, dass man nach eineinhalb Stunden glaubt,
sich gerade erst in den Kinosessel gesetzt zu haben, sondern ein intelligenter Film mit intelligenten Dialogen.
Obwohl die Handlung genauso simpel gestrickt ist wie in den beiden ersten Teilen von „Indiana Jones". Alle wollen wieder nur das eine. Die Jones Family, die Nazis und die Bande von Derwischen, die ab Venedig in der Geschichte mitmischen. Ins Morgenland wollen sie, zum letzten Kreuzritter, der das Wasser des ewigen Lebens hütet. Natürlich kommen alle gleichzeitig an. Showdown am Heiligen Gral. Für Indiana Jones das Ende einer fast zehnjährigen Reise durch drei Filme, vier Kontinente und die Schlüsselmythen der Großreligionen.
In „Indiana Jones I“ kümmerte er sich um die Bundeslade der Juden, in „Indiana Jones II" kämpfte er für den hinduistischen Stein der Macht, und in „Indiana Jones III“ schafft er sich zur finalen Erkenntnis durch - zur Erleuchtung.
Für eine Erleuchtung anderer Art sorgt Alison Doody, die Frau zwischen Connery und Ford. Wir haben von Bond gelernt, dass man über Frauen nicht redet, aber soviel muss gesagt werden: Sie ist Irin, sie ist 24 Jahre alt und bevor Spielberg sie für „Indiana Jones III“ entdeckte, war sie außerhalb Englands so gut wie unbekannt.
Spätestens im Herbst werden schätzungsweise 50 Millionen Männer von ihr träumen. Ein Typ der alten Schule. Eine Hitchcock-Frau. Blond bis zu Raserei und nur in Kostümen zu Hause.
Alison Doody ist eine Klasse Frau und die Österreichische Archäologin, die sie in „Indiana Jones III“ spielt, ist ein Miststück, das es mit
Vater und Sohn gleichzeitig treibt. Zusammen ist das ein verdammt flotter Dreier in einem verdammt flotten Film, und was jetzt kommt, sind drei verdammt flotte Interviews in einem teuren Hotel.
Interview
Wir sahen besonders gut aus an dem Tag, an dem wir die drei Interviews machten. Ich war rasiert, Arti hatte sich die Haare gewaschen und wir fuhren einen 50-Dollar-Gebrauchtwagen aus zwölfter Hand. Wir waren auf dem Weg zum „Four Seasons Hotels“ in Beverly Hills, wo zuerst Harrison Ford, dann Alison Doody und schließlich Sean Connery auf uns warteten. „Da kommt man entweder mit ‘nem Jaguar an oder mit einem Schrottmobil“, sagte Arti. „Alles andere ist stillos.“
Sie hatte recht, und ich hatte recht, sie
mitzunehmen. Harrison Ford mochte sie auf Anhieb. Er öffnete die Tür seiner Suite. Er sah mich und sagte: „Hello", er sah sie und sagte: „Come in“.
Seine Augen machten Klick. Eigentlich war es mehr ein Schnappen als ein Klicken, und medizinisch würde man von einer jähen Pupillenerweiterung sprechen. Ich wusste, dass ich von diesem Momentan an störte. Ich ging trotzdem mit rein.
„Wollen Sie Kaffee, Orangensaft, Cola oder Wasser?“, fragte Ford. Die Frage ging an Arti.
„Wasser“, antwortete ich. „Amerikanischer Kaffee ist ohnehin nichts anderes.“Der Tag begann, mir zu missfallen. Ford war besser als ich. In jeder Hinsicht. Er sah besser aus, er sprach besser
Arti 1989, LA
Englisch, und seine Stimme hatte diese ungemein attraktive Mischung aus Honig und Bärenfett. Tief, ruhig, rollend. Außerdem hatte er eine Haut wie ein Baby.
„Wie geht es Ihnen?" fragte Arti mit einem ähnlichen Schnurren in der Stimme. Ford lächelte: ,,Ich bin okay. Ich bin nur etwas müde, mich selbst immer wieder dieselben Dinge sagen zu hören. Journalisten fragen alle dasselbe.“
Er sah Arti an, während er das sagte, aber ich wusste, er meinte mich.
,,Was waren das für Fragen?" wollte ich wissen.
Ford zählte sie an den Fingern ab. ,,Erstens: Wie war die Zusammenarbeit mit Steven Spielberg?
Helge Timmerberg 1989
Zweitens: Wie war die Zusammenarbeit mit Sean Connery? Drittens: Wie war es, den dritten Teil von Indiana Jones zu drehen? Viertens: Wie kommen Sie mit Ihrem Erfolg klar?"
„Genau das waren auch meine Fragen", sagte ich.
„Das macht nichts. Ich werde sie eben noch mal beantworten", sagte Ford.
„Das müssen Sie aber nicht", sagte Arti.
„Das muss er doch", sagte ich und begann zu fragen.
Mister Ford, wie war die Zusammenarbeit mit Steven Spielberg?
Angenehm. Er kommt und fragt: ,,Willst du 25 Millionen Dollar?" und wenn du ja sagst, bekommst du sie. Andererseits: Ich werde langsam zu alt für den Spielberg-Clan. Steven arbeitet mit vielen jungen Leuten. Sie sind gut, sie sind professionell, aber sie erinnern mich daran, dass ich in drei Jahren 50 werde.
Dabei sehen Sie jünger aus als ich. Wie machen sie das?
Wie alt sind Sie?
37 Jahre.
Wie machen Sie es, dass Sie älter aussehen?
Zu Connery. Es ist das erste Mal, dass in einem „Indiana Jones"-Film neben Ihnen ein anderer Superstar mitspielt. War Connery eine Herausforderung für Sie? Haben Sie von ihm gelernt?
Natürlich.
Was?
Dass man auch ohne Hosen spielen kann. Er musste einen dreiteiligen Tweedanzug tragen. Wir drehten in Spanien, und es war sehr heiß. Wenn Connery sicher war, dass seine Beine in der Szene nicht zu sehen waren, zog er die Hose aus. Ich habe es ihm nachgemacht. Das habe ich von ihm gelernt.
Bei welchen Szenen war das?
Bei allen Außenaufnahmen. Spielberg hatte damit große Probleme. Er mußte sich sehr zusammenreißen, um hinter der Kamera nicht vor Lachen umzukippen.
Das hört sich nach einer Menge Spaß an.
„Indiana Jones" zu drehen, macht immer Spaß. Du wirst zum Kind dabei. Spielberg schleudert dich durch jede Art von Scheiße. Außerdem erlebst du großartige Reisen. Wir waren insgesamt in vier Kontinenten, neun Ländern und sieben Bundesstaaten.
Mit Mann und Maus.
Und Ratten, Schlangen, Löwen, Kamelen, Pferden.
Über 100 Mann, die Technik, die Dampfloks, Flugzeuge, Boote und Zeppeline.
Wie eine Karawane.
Eher wie eine Armee.
Wird die „Indiana Jones"-Armee weiterziehen? Wird es einen vierten Teil geben? Einen fünften?
Nein. Nicht mit mir.
Bleibt die Frage nach dem Erfolg. Sie sind einer der bekanntesten Schauspieler der Welt. Ihr Vermögen wird auf 70 bis 100 Millionen Dollar geschätzt. In Amerika kennt Sie jedes Kind. In Deutschland jedes zweite. Wie ist es...
... erfolgreich zu sein?
Nein. Wie ist es, für das Falsche geliebt zu werden?
Was?
Ich will es Ihnen erklären. Ich bin jetzt ein paar Tage in Amerika. Die Leute fragen mich, was ich hier mache. Ich sage: „Ich interviewe Harrison Ford", und sie fallen in Ohnmacht. Ich sage: „Ich interviewe Mickey Rourke", und sie fallen in Ohnmacht. Ich sage: „Ich interviewe Sylvester Stallone", und sie fallen in Ohnmacht. In Deutschland ist das anders. Da fällt man bei dem einen in Ohnmacht, beim anderen bleibt man cool, und beim dritten verzieht man das Gesicht. In Amerika liebt man jeden, der Erfolg hat. Ohne Unterschied. Aber erfolgreich zu sein, heißt nicht unbedingt, gut zu sein.
Absolut nicht. Das macht ja das Leben in diesem Land so kompliziert. Amerika hat eine Obsession für Erfolg und Popularität. Es reicht nicht, Geld zu haben, und es reicht auch nicht, Macht zu haben. Bei uns muss man vor allem berühmt sein. Jede politische Bewegung hat einen berühmten Sprecher. Nicht die Qualität seiner Argumente zählt, sondern seine Popularität. Beim Film dasselbe. Nicht die schauspielerische Leistung entscheidet, sondern der Name. Das müssen wir ändern.
Wie?
Indem wir erst erfolgreich und populär werden, und uns dann zum Sprecher der Anti-Erfolg-Bewegung machen.
Sie sind ein Zyniker.
Das liegt in meiner Natur.
Außerdem sind Sie ein Philosoph.
Wie kommen Sie darauf?
Sie haben Philosophie studiert.
Aber ziemlich schnell abgebrochen.
Warum?
Weil ich auf der Schauspielschule besser an Mädchen herankam als im Philosophieseminar.
Das letzte Mädchen, an das Sie herangekommen sind, war Alison Doody, Ihre Filmpartnerin aus dem dritten Teil von „Indiana Jones". Wie war sie?
Was heißt, wie war sie?
Wie küsst sie?
Keine Ahnung. Ich bin so berühmt, dass ich nicht mehr meine eigenen Lippen benutze.
Mit dieser Antwort war das Interview beendet.
Ich hatte keine Lust mehr. Ford war an diesem Tag einfach besser als ich, und ich fand, dass es an der Zeit war, Arti aus seiner Suite herauszubekommen. Das war ein Fehler. Denn anschließend interviewten wir Alison Doody. Da war es Arti, die störte.
Alison Doody stand im Bad, als wir zur Tür hereinkamen. Ich sah, wie sie vor dem Spiegel eine Yogaübung machte. Sie warf ihre langen, blonden Haare nach hinten und atmete schwer durch die Nase. Ich kannte das. Es ist gut fürs Selbstbewusstsein. „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ ist ihr erster großer Film, und dies war ihr erstes großes Interview.
Miss Doody, ich freue mich, Sie kennenzulernen. Sie sind ein echtes Geschenk von Paramount Pictures. Das Interview mit Harrison Ford war Arbeit. Sie sind Vergnügen.
Vielen Dank.
Wie hat Steven Spielberg Sie entdeckt?
Bei einem ganz gewöhnlichen Casting. Ich bekam einen Anruf und ging hin. Sie hatten insgesamt zehn Mädchen in die engere Wahl genommen. Ein paar Italienerinnen, eine Holländerin und drei Engländerinnen. Spielberg hat uns drei Szenen aus dem Film gegeben. „Kommt in zwei Tagen mit österreichischem Dialekt wieder“, sagt er. Ich hatte einen guten Dialektlehrer. Deshalb hatte ich am Ende die Nase vorn.
Sie spielen eine österreichische Archäologin, die für die Nazis arbeitet.
Das ist nicht richtig. Sie arbeitet nicht für die Nazis. Sie arbeitet mit den Nazis. Sie benutzt sie für ihre Zwecke. Sie will unbedingt zum Heiligen Gral. Das ist ihr Ziel. Dafür tut sie alles.
Eine Karrierefrau.
Ja.
Dafür muss sie am Ende sterben.
Ja.
Passen Sie bloß auf.
Sie meinen, weil ich selbst gerade einen Karrieresprung mache? Das darf man nicht so eng sehen. Ich habe erst vor viereinhalb Jahren mit dem Schauspielen begonnen. Eher durch Zufall. Ich habe auch nie eine Schauspielschule besucht. Ich habe immer nur beim Arbeiten gelernt. Jetzt habe ich mir natürlich viel von Sean Connery und Harrison Ford abgeguckt. Ich glaube, das ist ein guter Weg.
Ein Weg, der Sie bei den Dreharbeiten für „Indiana Jones" durch die Abwässerkanäle von Venedig führte - mit Tausenden von Ratten drin.
Spielberg hatte mich gewarnt. „Wir arbeiten mit echten Ratten, meine Liebe“, hatte er gesagt. Natürlich habe ich Angst gehabt. Aber die Tiere waren gut genährt und sehr niedlich. Beim Drehen habe ich mir dann nur noch um die Ratten Sorgen gemacht. Dass ich nicht drauftrete oder ihnen wehtue. Besonders nett war die Szene, wo mir eine Ratte auf den Kopf springt: Ich fühlte ihre Füßchen und wie sie sich putzte. Lovely.
Eine letzte Frage: Wie war es, Harrison Ford zu küssen?
Ich weiß nicht. Er hat wahnsinnig trockene Lippen. Sie wirken, als seien sie nicht echt.
Das habe ich gebraucht, Miss Doody. Vielen Dank für das Gespräch.
AIs wir die Suite von Alison Doody verließen, strafte mich Arti mit einem dieser Blicke, die töten können. Ich hatte genau fünf Schritte, um ihn wegzustecken. Dann standen wir vor der Tür von Sean Connery.
Seine Suite war ungefähr so groß wie die Ozeane zwischen Los Angeles und Schottland, und während des ganzen Interviews flimmerte der Fernseher. Connery trug ein weißes Hemd, eine weiße Hose und kein Toupet. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass er der Clark Gable der 80er Jahre ist - in Würde gealtert und trotzdem verführerisch jung. Diese Erkenntnis half mir, die erste Frage zu stellen.
Mister Connery, wer heute eine Vaterrolle besetzen muss, ruft zuerst bei Ihnen an. Sie spielten den Vater in „Presidio“, in „Family Affairs" und jetzt in „Indiana Jones".
Ja, das ist mir auch aufgefallen. Ich verstehe es nicht. Ich bin eigentlich zu jung dafür.
Wollten Sie deshalb ursprünglich den Bruder von Indiana Jones spielen?
Ursprünglich wollte ich seine Schwester spielen. Aber ich konnte Spielberg leider nicht dazu überreden.
„Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ ist Ihre erste Zusammenarbeit mit Spielberg. Der Mann hat immensen Erfolg. Haben Sie herausgefunden, warum?
Ich glaube, es liegt an seinem Instinkt. Er ist unwahrscheinlich flexibel und hat Sinn fürs Improvisieren. Harrison Ford und ich haben ununterbrochen improvisiert. Wir haben uns nichts geschenkt. Spielberg hat jedesmal sofort die Kamera draufgehalten. Er hat uns sogar zum Improvisieren ermutigt. Das machen heute nur noch ganz wenige Regisseure. Sie haben Angst, die Kontrolle über den Film zu verlieren.
Sie sagen, Sie und Ford haben sich nichts geschenkt. Nur beim Drehen oder auch privat?
Nun, wir übernahmen den Vater-Sohn-Konflikt auch privat. Nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten haben wir uns sehr gut verstanden. Ich bin ein wundervoller Vater. Wenn Ford das Gegenteil behaupten sollte, ist er ein schlechter Sohn.
Wie erklären Sie sich, dass Steven Spielberg noch keinen Oscar bekommen hat?
Die Leute sind neidisch. Er hat zuviel Erfolg. Außerdem vergißt man immer, wie jung Spielberg noch ist. 41 Jahre. John Huston hat mit 70 seine besten Filme gemacht. Ich glaube, Spielberg hat noch viel auf Lager.
Zurück zu Indiana Jones. Ich finde, die Figur hat sehr viel von James Bond, können Sie die beiden miteinander vergleichen?
Wir haben es jeweils mit einem Helden zu tun, der dauernd in Situationen gerät, die er eigentlich nicht bewältigen kann. Weder körperlich noch emotional. Trotzdem bewältigt er sie. Das ist die Gemeinsamkeit. Der Unterschied liegt in den sexuellen Beziehungen. Indiana Jones ist ein schüchterner Typ, der darauf wartet, dass sich die Frauen ihm an den Hals werfen. Da ist Bond schneller. Wesentlich schneller.
Ein amerikanischer Fernsehmoderator kritisierte kürzlich, dass die Nazis im neuen „Indiana Jones“ total überzeichnet seien. Nazis seien kein Thema für Klamauk- und Aktionszenen, sagte er. Was meinen Sie dazu?
Indiana Jones ist eine Komödie. Und das Wesen der Komödie besteht darin, zu überzeichnen. Vielleicht sollten Fernsehmoderatoren erst denken, bevor sie reden.
Neben den Nazis spielt in Indiana Jones und dem letzten Kreuzzug die Religion eine große Rolle. Der Heilige Gral, das Wasser des ewigen Lebens, und Sie werden zum Schluß sogar erleuchtet.
Nicht ich. Dr. Henry Jones wird erleuchtet. Halten Sie das gut auseinander. Der Mann hat eine Menge durchgemacht. Man hat ihn durch die halbe Welt verschleppt, man hat ihn angeschossen, man hat ihn gedemütigt, und seine Geliebte hat ihn betrogen. Sowas kann einen Mann erleuchten.
Illustratorin Maielin van Eilum
Erschienen 1989 im TEMPO Magazin.
Vielen Dank an Stephan Timm. TEMPO Archiv
Autor Helge Timmerberg
Lieben Dank an Arati Lane
und ihre Mutter.
Credits
Alison Doody / Kip Carroll / Wikipedia
Sean Connery / Rob Mieremet / Wikipedia
Helge Timmerberg Uganda / Paul Schirnhofer
Helge Timmerberg Marocco / Frank Zauritz
Korrektorat / Nadia Ratti, Bastian Exner und Anna Staudacher